R Du bist selbstständig im Bereich der Fotografie. Wie bist Du zum Fotografieren gekommen und was hast Du davor schon gemacht?
Nach dem Abitur habe ich meinen Zivildienst absolviert und anschließend beim Rettungsdienst gearbeitet. Als ich so um die 15 Jahre alt war, habe ich angefangen Platten aufzulegen. Nachdem ich eine Zeit lang als DJ unterwegs war, unter anderem auch auf Gigs in der Schweiz, wollte ich das auch in meiner kleinen Heimatstadt Landau ausprobieren, was auch ganz gut klappte. Während dieser Zeit habe ich in Mannheim meine ersten Kontakte mit Leuten wie Jens Wienand und Moritz Biedenbach geknüpft, die Partys in der Stadt veranstalteten. Parallel habe ich 2011, nach einer Ausbildung als Krankenpfleger, angefangen Medizin zu studieren. Zur Fotografie bin ich aber letztendlich mehr oder weniger auf Umwegen gelangt: Irgendwann stand ich im Media Markt, zwischen einer Xbox und einer EOS Kamera von Canon und entschied mich schließlich für die Kamera, woraufhin ich mich viel mit Fotografie beschäftige und eine Leidenschaft dafür entwickelte. Mein Weg war also ein wenig unkonventionell und so nicht wirklich geplant. Über die Kontakte, die ich bereits durch das DJing schon gesammelt hatte, kam es dann zu den ersten bezahlten Jobs, angefangen von Pressebildern für lokale DJs, Business-Portraits bis hin zum Fotografieren auf größeren Festivals.
R Bist Du also, was die Fotografie betrifft, ein Autodidakt oder hast Du bei jemandem gelernt?
Man kann sagen, dass ich wirklich ein kompletter Autodidakt bin und mir alles anhand von YouTube-Videos und Blogs beigebracht habe. Die Vorteile einer Ausbildung zum Fotograf im klassischen Sinne kann ich schlecht beurteilen. Viele technische Fertigkeiten lernt man in einer Ausbildung sicherlich sehr schnell, die man sich sonst im Internet selbst zusammensuchen und aneignen muss. Dinge wie Kostenvoranschläge und Kalkulationen bekommt man im Rahmen einer Ausbildung wahrscheinlich auch besser gelehrt, was ja einen wesentlichen und schwierigen Bestandteil einer Selbstständigkeit darstellt. Man fragt sich immer, ob man zu teuer oder zu günstig ist. Wie verkaufe ich mich? Da muss man einen Weg finden, mit dem man auch selbst glücklich ist.
R Welche Vorteile siehst Du für dich in der Selbstständigkeit?
Man kann sich seine Zeit weitestgehend selbst einteilen. Zudem ist man an keinen Arbeitgeber oder feste Zeiten gebunden. Wenn man es sich erlauben kann, was am Anfang natürlich schwierig ist, kann man nur die Sachen machen, auf die man Lust hat. Ich bin glücklich so wie es momentan läuft, aber bei dem Ganzen auch sehr skeptisch, da ich nicht weiß, wie es in zehn Jahren aussieht. Daher verfolge ich mein Medizinstudium weiter, denn das bereitet mir ebenfalls Spaß und für die Zukunft ist mir der Sicherheitsgedanke sehr wichtig. Längerfristig müsste sich die Fotografie in den nächsten Jahren noch exponentiell steigern, sodass man davon eine komplette Familie ernähren kann.
R Gab es denn etwas, das Dir anfänglich geholfen hat, in der Branche Fuß zu fassen?
Zu Beginn habe ich mich an meinen DJ-Gagen orientiert. Am Anfang ist man ja ohnehin erstmal froh, wenn die eigene Arbeit überhaupt bezahlt wird. Als ich gemerkt habe, dass die Leute bereit sind, etwas für meine Leistung und die branchenübliche Qualität zu zahlen, habe ich mich im Internet informiert, was die gängigen Stundensätze sind.
R Du lebst in Mannheim, studierst und arbeitest hier. Was bietet Dir die Stadt, insbesondere hinsichtlich deiner kreativen Tätigkeit als Fotograf?
In Mannheim ist ein sehr gutes Netzwerk vorhanden. Wenn man präsent ist, lernt man hier zügig Leute kennen. Was die Kreativwirtschaft anbelangt, bewegt man sich in Mannheim zwar in einem gewissen Mikrokosmos, aber dafür weiß man schnell, welche Leute man kennen muss. Gut ist auch, dass es hier noch keinen „Overkill“ an kreativen Leuten wie in anderen größeren Städten gibt. Man muss sagen, dass die Kreativwirtschaft generell hier vor Ort viele und gute Anlaufstellen bietet.
R Städte werden heutzutage oftmals auf ihr „kreatives Potenzial“ untersucht. Wie schätzt Du das Potenzial Mannheims ein, für kreative Leute und ihre Arbeit ein geeigneter Standort zu sein?
Das Potenzial ist auf jeden Fall da. Schon allein auf institutioneller Seite durch beispielsweise die Popakademie oder den Musikpark. Was die Kreativwirtschaft angeht haben viele große Firmen hier ihren Sitz, da müssen wir uns nicht verstecken. Natürlich muss man aber auch sagen, dass Mannheim ein wenig größer sein könnte. Interessant ist dabei jedoch auch, dass ich innerhalb von 15 Minuten an jedem für mich relevanten Ort sein kann. Sei es der Jungbusch, die Quadrate oder die Neckarstadt West. Darauf beschränkt sich in Mannheim leider aber auch alles. Unmittelbar ändern kann man das nicht, aber mit einem größeren Angebot an kreativen Studiengängen könnte vielleicht noch mehr in die richtige Richtung passieren. Mannheim ist nun mal eine BWLer Stadt, dafür aber doch noch ganz sympathisch. Für mich persönlich stellt die Stadt eine schöne Mixtur dar.
R In der Zeit in der Du nun schon selbstständig tätig bist, hat sich Dein Blick auf die Selbstständigkeit verändert?
Ich mache immer noch das, was mir Spaß macht. Das einzige was sich für mich geändert hat, ist der ganzen Steuerkram mit dem ich mich rumärgern muss.
R Welche Tipps würdest Du Leuten geben, die sich selbstständig machen wollen?
Präsent zu sein und neue Kontakte zu knüpfen ist sehr wichtig. Liebe, was du machst und mach es nicht nur zu 100 Prozent, sondern zu 150. Präsentiere dich nach außen, wenn du weißt, dass du weit genug bist, es nach außen zu tragen. Geh raus und zeige es der Öffentlichkeit. Über die Kontakte die du dann hast, entwickelt sich automatisch der Rest. Wenn du gut bist, haben die Leute auch Lust mit dir zusammenzuarbeiten. Das allerwichtigste ist zudem, zuverlässig zu sein. Das ist zwar eine typisch deutsche Tugend, aber ich merke immer wieder, dass das unglaublich wichtig ist.
R Angehende Selbstständige sollten also die drei folgenden Eigenschaften mitbringen…
Leidenschaft, Kontaktfreudigkeit und Zuverlässigkeit.