R Wer steckt hinter Raum Mannheim und wie kam es zur Gründung Eurer Agentur?
S: Wir haben zu dritt angefangen. Frank Hoffmann, Alex Wagner und ich (Susann El Salamoni). Frank habe ich kennengelernt, als ich als Freelancerin in einer Agentur arbeitete und er zu der Zeit dort ein Praktikum machte. Alex, die Modedesign studiert hat und die dritte im Bunde war, kenne ich schon seit meiner Jugend. Damals arbeitete sie für das Modelabel Marithé & Francois Girbaud, die aus Unzufriedenheit mit ihrer Agentur eine neue Kampagne wollten. Daraufhin rief Alex uns aus Paris an und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion haben wir diese Kampagne für große Zeitschriften wie die Elle entwickelt. Direkt danach mieteten wir ein gemeinsames Büro und gründeten Raum Mannheim. Ein Jahr später kam Kerstin Gunga dazu. Am Anfang haben wir uns zusätzlich mit unserer Tätigkeit als Freelancer für andere Agenturen finanziert. Durch Projekte wie das subculture oder die Zeitschrift Originale wurden einige Leute auf uns aufmerksam und so erweiterte sich nach und nach unser Kundenstamm. Schließlich kamen 2011 Rhea Häni und 2012 Thomas Wolf dazu, die beide bei uns als Praktikanten gearbeitet hatten. 2014 stieg Daniel Grieshaber für Text und Redaktion ein.
R War es also schon immer Euer Plan, sich selbstständig zu machen?
S: Für mich auf jeden Fall, da ich schon immer einen gewissen Freiheitsdrang hatte. Ich habe lange in einer Agentur als Freelancerin gearbeitet, habe aber festgestellt, dass ich lieber selbstständig arbeiten wollte.
R Welche Vorteile bietet Euch demnach die Selbstständigkeit?
S: Man trifft seine eigenen Entscheidungen. In einer Agentur muss man sich letztendlich unterordnen und Kompromisse machen. In der Selbstständigkeit muss man sich nur mit dem Kunden auseinandersetzen.
R Aller Anfang ist schwer, besonders in der Selbstständigkeit. Habt Ihr bei der Existenzgründung irgendeine Hilfe oder Beratung in Anspruch genommen?
S: Eine Steuerberaterin haben wir uns recht schnell gesucht, das ist eine absolut sinnvolle Investition. Am Anfang haben sich die Papiere gestapelt, inzwischen haben wir ein gutes System. Alles andere haben wir uns selbst erarbeitet, was vielleicht nicht immer der effektivste Weg war. Eine Beratung oder Unterstützung für Existenzgründer ist sicher sehr hilfreich, heute gibt es da viel mehr Angebote als damals. Entscheidend ist auch die Wahl der Gesellschaftsform. Wir haben uns für eine Form entschieden, in der jeder für sich selbst verantwortlich ist. Große Projekte, die wir gemeinsam bearbeiten, rechnen wir untereinander ab. Das funktioniert sehr gut, da jeder genau so viel arbeiten kann oder Urlaub machen kann, wie er möchte. Und trotzdem funktionieren wir wie eine Agentur.
R Gab es denn zu Beginn auch Schwierigkeiten, mit denen Ihr zu kämpfen hattet?
T: Der Kontostand ist anfangs nicht immer optimal. Man hat kein geregeltes Einkommen und wünscht sich eine gewisse Sicherheit. Damit muss man erst umzugehen lernen.
S: Ja, man muss sich daran gewöhnen, dass man ein finanzielles Polster braucht. Die Schwankungen auf dem Konto sind stärker – sehr schnell ist man im Plus-, aber genau so rasch im Minusbereich.
R Euer Büro befindet sich in Mannheim – Wieso arbeitet und lebt Ihr genau in dieser Stadt?
S: Wir haben in Mannheim Kommunikationsdesign studiert und Alex hat hier gewohnt. Mich hätte es zwar oft gereizt nach Berlin oder New York zu ziehen, was aber nie so richtig geklappt hat. Hier haben wir den Vorteil, viele Leute zu kennen und gute Kontakte und Freunde zu haben, über die sich schon viele tolle und auch teilweise recht große Projekte ergeben haben. Wir finden Mannheim cool, hier ist in den letzten Jahren viel passiert. In der Stadt ist viel geboten, sie wird oft unterschätzt. Ich wohne mittlerweile schon lange hier und habe inzwischen eher das Problem, nicht alle interessanten Events und kulturellen Veranstaltungen wahrnehmen zu können, die mich interessieren.
R Was ist denn für Euch das Besondere an Mannheim?
T: Es gibt hier einen guten Mix zwischen Industrie und Kultur. Mit der Industrie kann man einfach ein bisschen mehr Geld verdienen, als mit kulturellen Projekten. Ansonsten gefällt mir das kulturelle Angebot, da für jeden etwas dabei ist und man auch schnell mal nach Heidelberg oder Frankfurt fahren kann. Vergleicht man Mannheim mit Berlin, gibt es dort viel mehr Konkurrenz und weniger Jobs.
R Während der Zeit, die Ihr nun schon arbeitet – hat sich Euer Blick auf die Selbstständigkeit geändert?
S: Die Selbstständigkeit habe ich nie bereut, ich würde es jederzeit wieder machen, auch in unwegsamen Momenten. Ich denke, das geht uns allen so. Dennoch ist die Selbstständigkeit nicht für jeden der richtige Weg. Man muss Verantwortung übernehmen können und sollte etwas wagen wollen und sich nicht zu viele Sorgen machen. Außerdem muss man seinen Beruf wirklich lieben, man kann sich selten zurücklehnen und jemand anderen die Arbeit machen lassen.
R Was könnt Ihr denjenigen raten, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen?
S: Dem Kunden als kompetenter Berater und Partner gegenüber zu treten. Es ist wichtig, sich gut zu positionieren und zu wissen, was man kann. Dies beinhaltet auch, keine Dumping-Preise zu machen und zu prüfen, an welchen Pitches man teilnimmt. Wir finden, dass kreative Arbeit, genau wie jede andere auch, bezahlt werden soll. Darüber hinaus können wir nur raten an vielen verschiedenen Dingen interessiert sein, viel rauszugehen und Leute zu treffen. Das war immer eine unserer Hauptquellen, Kunden kennenzulernen und an neuen Projekten mitzuarbeiten.
R Um erfolgreich selbstständig zu sein, sollte man also folgende Eigenschaften mitbringen…
S: Mut, Eigenverantwortung, Selbstbewusstsein und Flexibilität. Man weiß anfänglich nie genau, was auf einen zukommt. Vielen Herausforderungen begegnet man zum ersten Mal. Dann ist es gut, wenn man locker und zuversichtlich bleibt.
rootedly führte das Gespräch mit Susann El Salamoni und Thomas Wolf von Raum Mannheim.